Am Donnerstagnachmittag hat der Lingener Stadtrat den Haushalt für die Jahre 2024/25 beschlossen. Auf Vorschlag unserer Stadtratsfraktion „Die BürgerNahen“ (BN) gab es einen Haushalt für gleichzwei Jahre, um mehr Kontinuität und rechtzeitige Haushaltsführung zu ermöglichen. Denn in den letzten Jahren wurde der städtische Etat viel zu spät aufgestellt. Daher konnte die Genehmigung durch das Innenministerium erst im Sommer des Haushaltsjahres erfolgen und der Haushalt eines Jahres trat erst danach in Kraft. Die Folge: Neue Investitionen und Aufgaben wurden zwar wortreich angekündigt; sie durften aber erst Monate später angegangen werden.
Die vier Mitglieder unserer BN stimmten gegen den Etatentwurf 2024/25. Vorausgegangen war nämlich die strikte Ablehnung nahezu aller BN-Etatvorschläge vor allem durch die CDU-FDP-Gruppe bereits in der entscheidenden Finanzausschussitzung Ende Januar (mehr…). „Wenn man unsere Ideen und Vorschläge ablehnt, ist ein Nein zu dem dann erzielten Ergebnis nur folgerichtig“, sagte im Anschluss an die Ratssitzung BN-Fraktionsvorsitzender Robert Koop. Im Mittelpunkt der BN-Kritik an dem Etat standen vor allem die Steuer- und Abgabenerhöhungen, die diesen Haushalt prägen. Die Grundsteuer und die Spielgerätesteuer steigen je um 25%, die Beiträge für den Besuch der Kitas verdoppeln sich teilweise sogar.
BN-Fraktionschef Robert Koop begründete die Entscheidung der BN in der Haushaltsdebatte so:
„Der Haushalt, der heute beschlossen werden soll, enthält keine grundlegenden Neuerungen, keine nachhaltige Modernisierung der Stadt. Er ist geprägt durch Steuererhöhungen insbesondere für wirtschaftlich Schwache und Familien mit kleinen Kindern und ein weitere, deutliche Zunahme des Personalapparates der Stadtverwaltung.
Die Kämmerin hat eben dargestellt, dass unsere Stadt deutlich mehr als 40 Mio Euro für den Personaletat aufwendet. Angesichts dessen haben wir die Forderung nach einer 4%igen, sozial verträglichen Verringerung des Personaletats entgegengestellt. Das ist im Gegensatz zu dem, was Hermann Gebbeken eben gesagt hat, auch verantwortbar und machbar. Man darf dabei nicht das Personalamt fragen, wie Hermann Gebbeken es getan hat. Denn die Erfahrung zeigt: Noch nie hat eine öffentliche Verwaltung gesagt: Wir sind zu viele. Es müssen auch nicht 30 Vollzeitstellen gespart werden. Da gibt es eine Reihe anderer Möglichkeiten wie organisatorische Optimierungen, die mehr sein müssen als nur die Umbenennung von Ämtern in Fachdienste. Da geht es um Teilzeitangebote, das Ausnutzen natürlicher Fluktuation, entschlossene Digitalisierung und auch Outsorcing. Das ist alles machbar und verantwortbar.
Gleichzeitig wird in Lingen mit dem öffentlichen Vermögen nicht sparsam umgegangen. Seit 12,13 Jahren steht das Rathausnebengebäude leer, und es ist nicht erkennbar, dass sich daran etwas ändert. Ratsmehrheit und Stadtverwaltung fehlt zumindest der Wille. Wir erinnern uns gut an die vorletzte Haushaltsberatung mit der Kämmerin in unserer Fraktion, als sie sagte: „Nun, jetzt, kommt die Renovierung des Rathausnebengebäudes, garantiert. „Daraus ist nichts geworden und das trotz der sogenannten Gruppenvereinbarung zwischen CDU und FDP, in der insbesondere dieses Projekt einen hohen Stellenwert hatte.
Das ist wie der Internetauftritt der CDU-Stadtratsfraktion, nach der in den Ausschüssen der Stadt noch [die 2021 nicht mehr gewählten] Michael Adams, die -ich zitiere- „stellvertretende Obfrau“ Thomas Brümmer, Fabian Rode und Heinz Tellmann Sitz und Stimme haben. Heinzi Niehues ist auch noch da. Alles überholt. Alles altbacken.
Wir reden ja gleich in der Sitzung noch über die Wohnungsbaupolitik, die überwiegend auf die Ausweisung von Baugebieten gesetzt hat. Nur kann sich -ganz abgesehen von den ökologischen (Stichwort: Klima!) und den ökonomischen Problemen, die das macht- heute kaum mehr jemand mehr ein Einfamilienhaus auf der grünen Wiese leisten, schon gar nicht die viel zitierte junge Familie mit Kindern.
Da kann und muss man nun natürlich die rot-grüne Landesregierung kritisieren, die mit ihren Plänen nicht in Bewegung kommt und sich mit der N-Bank eines Finanzierungskonzepts bedient, bei dem das Adjektiv „bürokratisch“ eine schamlose Untertreibung ist. Doch auch das strikte Nein von CDU/FDP hier für die Aufstockung des Lingener Programms „Jung kauft Alt“ ist genauso falsch wie das Nein der Stadtverwaltung zu dem SPD-Vorschlag, mehr auf Erbbaurechte zu setzen, weil das angeblich zu viel Arbeit mache.
Da wird dann der Ausbau einer Kultureinrichtung in der Michaelskirche gestoppt und stattdessen werden Wirtschaftswege im Ortsteil Bramsche repariert und das wegen der Sperrung der B70 für die Überbelastung der Wege verantwortliche Straßenbauamt tut nichts. Da werden weiter in das am Naturschutzgebiet Biener Busch und im Überschwemmungsgebiet liegende Sportgelände des Landesligisten SV Holthausen/Biene Hunderttausende investiert statt dafür ein neues Gelände an der Langen Straße in Angriff zu nehmen. Übrigens gab es da eine interessante Konstellation, während FDP-Kollege Lüttel den Vorschlag im Haushaltsausschuss ablehnte, wurde sie von seinem Parteifreund Meyer, mit dem mich nicht nur Freundschaftliches verbindet, im Ortsrat Holthausen selbst vorgetragen.
Auch künftig gibt es keinen LiLi-Stadtbus an Sonn- und Feiertagen. Es gibt keine Initiative für eine Verbesserung des Zugverkehrs. Dazu zählt das Nein zu einer Verbesserung der Verbindungen nach Süden und Osten und die Machbarkeitsstudie für einen zweiten, barrierefreien Zugang zu Gleis 2.
Es gibt keinen städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Grundstück zwischen Professorenhaus und Kunstschule – wahrscheinlich solange, bis die Ortsteilvertreter der CDU sagen, jetzt könne man doch mal im Stadtzentrum… Stattdessen realisiert die Stadtverwaltung dort an der Baccumer Straße ihre eigenen Ideen, und das sind natürlich -tätää- Kfz-Parkplätze – wie auch andernorts, trotz im Bebauungsplan gesicherter Grünflächen an der Kreisverwaltung oder auch in Holthausen/Biene. Für Kfz ist hier eben alles möglich.
Es wird auch nicht aufgeforstet, wie es die CDU vor 13 Jahren lautstark versprochen hat. 200.000 Euro pro Jahr sollten in neue Wälder investiert werden. Die CDU hat jetzt gegen ihren eigenen Vorschlag gestimmt. Nachhaltig ist das alles nicht, sondern bloß ausgesprochen kurzsichtig, und es vertraut auf die Vergesslichkeit der Menschen in unserer Stadt.
Auch die Erhöhung der Spielgerätesteuer nutzt nichts. So werden Spieler nur in illegale Strukturen und Hinterzimmer verdrängt. Außerdem fließt kein Cent davon in die Prävention. Wie vor 15 Jahren, als an der Rheiner Straße ein Grundstück für eine Spielhalle verkauft wurde. Da wurde nur geredet und angekündigt, aber in die Prävention floss kein Cent.
Und obendrauf kommt dann noch eine deutlich, um 25% erhöhte Grundsteuer, die vor allem die Mieterinnen und Mieter und die Eigenheimbesitzenden tragen werden und die Weigerung, dieses seltsame niedersächsische Verrechnungssystem der Kommunalsteuern, wonach der bestraft wird, der niedrige Steuern von seiner Bürgerschaft verlangt, auch nur überprüfen zu lassen. Dabei ist doch klar,
„…, dass sich bei den derzeitigen Strukturen zum Finanzausgleich die Spirale immer weiter nach oben drehen wird. Deshalb ist es seitens der Landesregierung dringend erforderlich, über eine Reform nachzudenken. Ansonsten werden die Gemeinden und Kommunen gegenseitig dazu gedrängt, die Sätze immer weiter anzupassen. Und das zu Lasten der hiesigen Wirtschaft und damit natürlich auch der Wirtschaftsstandorte!“
Das war jetzt ein Zitat, ein Zitat aus der Rede des Oberbürgermeisters in diesem Rat am 17. April 2012 zum Haushalt 2012. Damals hat er das wortreich gefordert, was heute nicht weiterverfolgt und vor allem von der CDU und der sie unterstützenden FDP abgelehnt wird. Also wird sich die Abgabenspirale weiter nach oben drehen – „immer weiter anpassen“ – formulierte es der OB seinerzeit in der Verwaltungssprache.
CDU und FDP wollen stattdessen -angeblich alternativlos- Steuererhöhungen und viel höhere, teilweise verdoppelte Kita-Beiträge – also Beiträge für Kindertagessstätten die in diesem Winter immer wieder das Angebot zurückgefahren haben, weil die Kräfte in den Kitas krank waren. Das wird in Zukunft auch so sein, und wir sagen daher mit allem Nachdruck, dass die Stadtverwaltung für reduzierte oder gar ausgefallene Kita-Angebote von den Familien kein Geld kassieren darf.
Insgesamt sind die drei aufgenommenen Initiativen der BürgerNahen – einen Doppelhaushalt aufzustellen, ein von Nils Freckmann angestoßenes interkommunales Zeltlager mit jungen Menschen aus den Partnerstädten und drittens eine Erhöhung der Zuschüsse für die Traditionsveranstaltungen von 600 Euro auf 1000 Euro – natürlich nicht geeignet, diesen nur bei den Steuer- und Abgabenerhöhungen engagierten ansonsten aber sehr müden Haushalt 2024/2025 zu befürworten. Wir lehnen daher den Beschlussvorschlag zum Kernhaushalt ab und bitten, weil wir die Haushalte der drei städt. Eigenbetriebe befürworten, um getrennte Abstimmung zu den Punkten 1 bis 5 und 6 bis 8 des Beschlussvorschlags.“
Foto: Ratssitzungssaal (c) Stadt Lingen (Ems)